Das „Kommen und Gehen“ ist ein Klassik-, aber kein klassisches Musikfestival! Es ist Tummelplatz für lautes und mächtiges, virtuoses und rasantes, stilles und kleines Musizieren. Ob als Bühne oder Begegnungsraum, Laboratorium oder Schatzkammer: Das „Kommen und Gehen“ öffnet Ohren neu - nicht nur für Musik. Begegnungen und schöpferische Kooperationen zwischen MusikerInnen unterschiedlicher Stile, kreative Auseinandersetzung mit dem regionalen kulturellen Erbe und aktuellen Fragestellungen, partizipative Workshop-Angebote im interkulturellen Kontext und Kooperationen mit Kultur- und Bildungsträgern der Region bieten mehr als reine Konzerterlebnisse.
Die Oberlausitz ist schon immer ein Raum des Kommens und Gehens, des Austausches von Kultur und Wirtschaft. Im 7. Jahrhundert von Slawen besiedelt, lag sie seit dem Mittelalter im Spannungsfeld polnischer, böhmischer und brandenburgisch-preußischer Interessenpolitik. Vor mehr als 650 Jahren schlossen sich Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban (heute: Lubań), Löbau und Zittau zum Sechsstädtebund zusammen. So schufen sie ein bedeutendes lokales Bündnis, das einer kulturellen und wirtschaftlichen ‚Kreuzung‘ im europäischen Kulturraum gleichkam. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte brachte die Oberlausitz bekannte Persönlichkeiten hervor: Forscher wie Jakob Böhme und Rudolf Herrmann Lotze, Komponisten wie Andreas Hammerschmidt und Heinrich Marschner oder Denker wie Nikolaus Ludwig von Zinzendorf und Christian Gottlieb Prieber stehen bis in die Gegenwart für das schöpferische Potential der Oberlausitz. Heute ist die Oberlausitz Teil einer Kulturlandschaft im Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien in der Mitte Europas. Lebendige Städte mit historischen Altstädten, die sorbische Kultur, die Via Regia, das Zittauer Gebirge, die Nähe zum Iser- und Riesengebirge sowie die Nachbarschaft der Städte Wroclaw, Prag und Dresden machen die Region auch touristisch attraktiv. Dennoch zählt die ländlich geprägte Region wirtschaftlich zu den strukturschwächsten der Bundesrepublik und leidet unter den infrastrukturellen Folgen des demografischen Wandels. Wer hier wohnt, nimmt diese Probleme jedoch auch als Herausforderung wahr, das historische und moderne Potential der Region für eine zukunftsweisende Entwicklung ihrer Heimat zu nutzen.
In diesem Sinne will das „Kommen und Gehen“ in enger Zusammenarbeit mit Netzwerkpartner in Kultur und Bildung kreativ aktiv werden und dort ansetzen, wo die Kulturlandschaft einer nicht großstädtischen Region bereits blüht und zarten Knospen beim Erblühen helfen. Das Festival will den vorsichtigen Optimismus der Bewohner über die wirtschaftliche Zukunft in Kultur und Tourismus stärken und eröffnet neue Perspektiven. Dabei setzt sich das „Kommen und Gehen“ im tatsächlichen wie übertragenen Sinn keine Grenzen. Es denkt die Oberlausitz, Nordböhmen und Niederschlesien als kulturelle und weltoffene Region. Hier sollen Musik und andere Künste als Kommunikationsort und -moment für Menschen verschiedenster Prägungen erfahrbar werden, in dem Brücken zwischen Ländern, Kulturen, Generationen und Kontexten gebaut werden können. Die InitiatorInnen beziehen klar Stellung gegen nationalistische und reaktionäre Tendenzen global und in der Region. Das „Kommen und Gehen“ ist daher auch ein Zeichen für tolerantes Miteinander in der Musik wie in der Gesellschaft – „Oberlausitz? Das sind auch WIR!“
„Kommen und Gehen“ will in allen Alters-, Sozial- und Interessengruppen neues Publikum für die klassische Musik gewinnen, routinierten KonzertgängerInnen perspektivenverändernde Zugänge bieten und Musik als Moment der Partizipation und gesellschaftsrelevanten Arbeit neu verstehen. Besondere Aufmerksamkeit liegt daher auf der bewussten Konzipierung und Dramaturgisierung von Konzertprogrammen, die einen Kontext auch über den Moment des ästhetischen Genusses hinaus öffnen.
Auf Schatzsuche…
Nicht nur die Landschaft der Oberlausitz, ihr materielles und immaterielles Kulturerbe sowie ihre transnationale Gegenwart sind die Fundgrube für die Veranstaltungsprogramm des „Kommen und Gehen“. Auch die dunklen Kapitel der Oberlausitz und ihrer Nachbarregionen sind für die Programmgestaltung Inspirationsquelle. Auf dieser Grundlage entwickeln KünstlerInnen in intensivem Austausch mit Bildungs- und Kulturinstitutionen innovative Konzertformate. Dazu gehören beispielsweise Radtouren, die ein simultanes Erleben von Natur und Klang möglich machen, Rundfahrten, die die Oberlausitz gleichzeitig musikalisch und geografisch konturieren und andere Ereignisse auch jenseits des ritualisierten Geschehens im Konzertsaal. So wird das Festival nicht nur für das Publikum zu einem attraktiven Konsum-Angebot, sondern auch eine Plattform für partizipative Konzert-Programme und Kunst-Konzepte mit gesellschaftlicher Relevanz.
… für Alle
Ob als Kreativ-Ort, Identifikationsmoment, Begegnungsraum oder Erbe der heutigen und der zukünftigen Generation – „Kommen und Gehen“ will die vielen Facetten der Musik allen Menschen zugänglich ma-chen. Wichtige Bestandteile des Konzepts sind daher Workshopangebote für verschiedene Altersgruppen, die Zusammenarbeit mit Laienensembles und das Schaffen von Aufführungssituationen, die die normativen Zwänge etablierter Kultur-Institutionen brechen. Die InitiatorInnen wollen die Kulturlandschaft der Oberlausitz mit dem Festival um gemeinschaftsstiftende, ungezwungene Musik-Ereignisse bereichern. In Koope-ration mit lokalen Partner sollen deshalb unter anderem Konzerte ohne feste Bestuhlung, eine flexible Gestaltung der Eintrittspreise und Angebote für gute Erreichbarkeit realisiert werden.
Ungewöhnliche Klang-Orte
Für die Konzertveranstaltungen des „Kommen und Gehen“ werden neue Räume und Stätten erschlossen. Orte wie die Klosterkirche Oybin oder die Gedenkstätte in Bautzen (nicht nur) Musik im Zusammenspiel von Raum und Zeit lebendig werden. Programmbildend ist dabei sowohl das Forschen nach vergangenem Klang aus der Geschichte der Orte als auch das Experimentieren mit ganz neue Kombinationen und Kontexte zwischen Musikstilen und -genres. So entstehen ästhetisch-kreative Brücken zwischen KünsterInnen und HörerInnen gleichermaßen, die zwischen den Kulturen, Sprachen und Generationen vermitteln können.
Dramaturgie und Innovation
Das Potential der Verwirklichung einer strukturellen und inhaltlichen Vision wollen die InitiatorInnen nutzen, um mit dem „Kommen und Gehen“ auch nachhaltige und zukunftsfähige Kulturkonzepte zu entwickeln. Auf kulturpolitischer, auf ästhetischer wie auf bürgerschaftlicher Ebene sollen auch Fragen nach der gesellschaftlichen Verantwortung der Kunst in aktuellen Diskursen gestellt und nach Antworten gesucht werden. Formate und Methoden wie Artistic Research und künstlerische Musikvermittlung, intensive Evaluationsarbeit durch Publikumsgespräche und eine zeitgemäße, flexible digitale Präsenz mit Angeboten für eine breite NutzerInnenschicht sollen einen Mehrwert über das Konzert-Ereignis hinaus schaffen. Gleichzeitig wollen die Mitarbeitenden sich auch im Austausch mit KollegInnen stetig fortbilden, um langfristig modellhafte Konzepte für gesellschaftsrelevante Kulturarbeit im ländlichen und/oder Grenz-Raum entwickeln zu können.
Zu den Partnern des „Kommen und Gehen“ gehören die Stadt Zittau, die Stadt Görlitz und die Stadt Lubań. In den ersten beiden Festivaljahren 2018 und 2019 wurde das „Kommen und Gehen“ unter anderem gefördert durch den Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien, die Bundeszentrale für Politische Bildung, das Landratsamt Bautzen und die Sparkassenstiftung Oberlausitz, die Euroregion Neiße-Nissa-Nysa und die Landesdirektion Sachsen. Zu den Netzwerk- und Kooperationspartnern gehören die Musikschulen im Landkreis Görlitz, der Meda e.V., die Hillersche Villa gGmbH, das Begegnungs- und Bildungsprojekt Lanterna futuri, die Gedenkstätte Bautzen, das Fokus Festival und das Stadttheater Varnsdorf. Inhaltliche Kontakte bestehen darüber hinaus zum Sächsischen Musikrat, zum Neiße-Filmfestival sowie zum Festival Lipa Musica.
Wir bedanken uns für die Unterstüzung bei der Oppacher Mineralquellen GmbH & Co. KG
„Kommen und Gehen“ ist kein einmaliges Ereignis, sondern will nachhaltig agieren und setzt auf Kontinuität. Publikumsentwicklung, Netzwerkarbeit mit Kultur und Wirtschaft und ein lokaler, aber grenzüberschreitender Fokus adressieren die Initiative des Festivals sowohl regional als auch international. Es will die Wiederhinwendung zur klassischen Musik begleiten und fördern und gleichzeitig eng mit der Region in den Bereichen Kultur, Wirtschaft und Tourismus zusammenarbeiten. Durch die Zusammenführung regionaler und überregionaler Partner, Projekte und Marken gewinnen sowohl die Region als auch „Kommen und Gehen“ eine schöne, in die Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft gerichtete Strahlkraft!
Förderverein „Kommen und Gehen“ - Das Sechsstädtebundfestival! e.V.
mail(at)kommenundgehen.org | www.kommenundgehen.org
Hans Narva: Vorsitzender und Gesamtleitung ► hn(at)kommenundgehen.org
Hanna Viehöfer-Jürgens: stellvertr. Vorsitzende ► hv(at)kommenundgehen.org
Frank Rischer: Schatzmeister ► fr(at)kommenundgehen.org